Heute mal ein komplett anderes Thema: Friedhof. Ist erster Linie verbindet man damit nichts Positives. Friedhof bedeutet aber auch Vergangenheit und Vergangenheit bedeutet auch Geschichte. Ich finde ein phantastischer Übergang. Auf dem Friedhof im Düsseldorfer Himmelgeist gibt es eine Kapelle. Zumindest habe ich dieses Gebäude immer so bezeichnet. Frau Dr. Barbara Schildt-Specker wird uns auf meinDUS.de in ihrem Gastbeitrag erzählen, warum das falsch ist.
Gastbeitrag von Frau Dr. Barbara Schildt-Specker
Auf dem Himmelgeister Friedhof befindet sich ein architektonisches Juwel, ein kleines schmuckes Gebäude. Seit 1983 ist es als Denkmal der Stadt Düsseldorf gelistet, in der Unterkategorie „Friedhofskapelle“. Kürzlich gab es eine überraschende Entdeckung:
Das seit vielen Jahrzehnten als Friedhofskapelle angesehene und in dieser Funktion auch genutzte Gebäude ist gar keine Kapelle, sondern das Mausoleum der gräflichen Familie von Hompesch-Bollheim. (Es sieht im Übrigen dem Mausoleum der Grafenfamilie von Spee auf dem Angermunder Friedhof zum Verwechseln ähnlich.) Im Himmelgeister Volksmund heißt das Mausoleum erst im 20. Jahrhundert kontinuierlich „Friedhofskapelle“.
Die Friedhofskapelle ist ein Mausoleum
Erstmals nachweisbar im Jahr 1932 kommt seltsamerweise der Zusatz „St. Wilhelm“ hinzu. Im Generalvikariat war man in gleicher Weise unsicher, es wurde auch schon einmal der Begriff „Leichenhalle“ (1975) für dieses Kleinod verwendet. Zur Zeit seiner Entstehung jedenfalls hieß das schmucke Gebäude Gruftkapelle, was es in Wirklichkeit auch ist, nämlich im Obergeschoss Kapelle und im unteren, von der Rückseite her erreichbar, Gruft. Im oberen Kapellenraum hängen an den Wänden zwei Totenschilde, eines mit dem Wappen und Namen des 1831 verstorbenen Generals, Graf Ludwig Ferdinand von Hompesch-Bollheim, das andere adäquat für seine 1805 verstorbene Stiefmutter, Maria Theresia von Hompesch, geb. Marquise zu Hoensbroich.
Akten im Pfarrarchiv von St. Nikolaus lassen keinen Zweifel daran, dass die Gruftkapelle als Grablege (Als Grablege wird eine regelmäßig benutzte Grabstätte sozial höhergestellter Personen bezeichnet, meist im Zusammenhang mit der Bestattung von Monarchen, Bischöfen oder Adelsfamilien.) für Graf Ludwig Ferdinand errichtet wurde. Eingeweiht wurde sie erst im Jahr 1837. Der Graf war aber bereits am 24. Juni 1831 im Alter von 66 Jahren verstorben.
25 Friedhöfe befinden sich heute auf Düsseldorfer Stadtgebiet
Bislang ist unbekannt, ob noch Graf Ferdinand Ludwig selbst den Bauauftrag erteilte oder sein Sohn und Universalerbe Wilhelm Hugo nach dem Tode des Vaters. Warum zwischen dem Tod Graf Ferdinand Ludwigs und der Einsegnung der Kapelle soviel Zeit verstrich, ist bislang nicht zu beantworteten. Bis zur Fertigstellung des Mausoleums muss der Verstorbene jedoch zunächst an anderer Stelle bestattet worden sein, wohl kaum mehr auf dem alten Kirchhof, der um die St.-Nikolaus-Kirche herum lag. Dieser war durch napoleonisches Dekret zu Beginn des 19. Jhs., demzufolge aus hygienischen Gründen Tote außerhalb von Ortschaften zu bestatten sind, geschlossen worden.
Erst etwa 1810 wurde der neue Himmelgeister Friedhof angelegt, bislang fehlen genauere Untersuchungen darüber. Die 1805 verstorbene Stiefmutter Maria Theresia ruht also wahrscheinlich noch auf dem alten Kirchhof. Seinerzeit bewohnte die gräfliche Familie das ehemalige Schloss Mickeln, das sich damals an der Stelle des heutigen Meierhofs befand und 1836 abbrannte. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt verließ der Grafensohn und Universalerbe Wilhelm Hugo von Hompesch-Boll-heim Himmelgeist aus beruflichen Gründen.
Er wechselte als Militär in die Dienste der Habsburger Monarchie. Seither verloren sich die Familienspuren in Düsseldorf. Dr. Wolfgang Löhr, langjähriger Leiter des Stadtarchivs Mönchengladbach und profunder Kenner der Hompesch- Bollheim’schen Familienhistorie präsentierte im März 2010 anlässlich eines Vortrags in der St.-Nikolaus- Kirche Entwurfszeichnungen sowohl für die Anlage des neuen Himmelgeister Friedhofs als auch für die Gruftkapelle aus der Feder des hervorragenden Hofgärtners und Düsseldorfer Gartenbaudirektors Maximilian Friedrich Weyhe, dem Schöpfer u. a. der Königsallee und des Hofgartens.
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Dr. Löhr fand die kolorierten Federzeichnungen im Familienarchiv Hompesch, im mährischen Staatsarchiv Brünn. Im Untergeschoss des Hompesch-Mausoleums befindet sich ein gemauerter, weiß getünchter Backsteinsockel (ca. 1,50 x 2 m), der seit geraumer Zeit viele Fragen aufgeworfen hatte. Ob sich hierin tatsächlich noch sterbliche Überreste befinden würden? Im Jahr 1922 hatten Einbrecher den Deckel des Sockels eingeschlagen, weil sie, märchenhaften zeitgenössischen Zeitungsartikeln zufolge, das „goldene Schwert“ oder die „goldene Rüstung“ des letzten Hochmeisters des Malteserordens gesucht haben. Dass dies erfolglos bleiben musste, ist der Tatsache geschuldet, dass die Räuber den Grafen mit seinem Patenonkel – eben diesem Malteser-Großmeister – verwechselt hatten, weil beide nach altem Adelsfamilienbrauch einen gleichlautenden Vornamen trugen, in diesem Fall „Friedrich“.
Wie der ungläubige Thomas nur durch das Hand-in-die-Wunde-Legen überzeugt werden konnte, so lag auch für die Gruftkapelle nahe, mittels einer Endoskopie, bei der an einem beweglichen Kabel eine Mikrokamera in den Backsteinsockel geführt wurde, „Licht in die Sache zu bringen“ . Mit Erlaubnis der Denkmalbehörden von Stadt und Land führte ein Monteur die vom Himmelgeister Axel Nessmann großzügig gesponserte Untersuchung am 27. August 2010 durch.
Endoskopie für eine Gruft
Zur Dokumentation wurden ein Video und zahlreiche Fotos angefertigt. Der Befund stellt sich wie folgt dar: Im Inneren liegen ein Schädel, zahlreiche Knochen, Holz- und Metallreste (sicherlich Sargreste) und viel Asche. Der in Archäologie kundige Leiter der städtischen Denkmalbehörde schätzt die Größe des Kopfes und der Knochen als „einem Mann von starker Statur“ zugehörig. Das deckt sich mit der Überlieferung, der zufolge Graf Ferdinand Ludwig ein stattlicher Mann gewesen sein soll. Die Vermutung von Dr. Löhr, auch andere Mitglieder der Grafenfamilie könnten in der Gruft begraben worden sein, ist allerdings widerlegt.
Zwischenzeitlich wurde dem Hompesch-Mausoleum eine umfassende Renovierung zuteil, damit dieses architektonische Schmuckstück weiterhin als Zeugnis und Erinnerungsort Himmelgeister Geschichte im frischen Anstrich weit über die Felder hinweg leuchten kann.
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Ich hoffe ihr habt etwas gelernt, so wie ich auch und Geschichte hat noch niemanden geschadet. Wer hätte auch gedacht, dass es in Himmelgeist ein Mausoleum gibt. Wer Interesse daran hat mehr darüber zu erfahren, der schaut auf www.meinegemein.de vorbei.
Mit himmlischen Gruß und bleibt gesund